Sicherheitsrelevante Forschung

Aus aktuellem Anlass äußert sich die Universität Magdeburg zu Fragen einer Zusammenarbeit mit der EU-Grenzagentur Frontex. Im ZDF-Magazin „Royale“ wurde die Universität Magdeburg als teilnehmende Einrichtung der International Conference on Biometrics for Borders im Oktober 2019 in den sogenannten FRONTEXfiles aufgeführt.

Warum wird die Universität Magdeburg auf einer Frontex-Konferenz als Teilnehmer genannt?

Mitarbeiter der Arbeitsgruppe „Multimedia and Security" der Fakultät für Informatik der Universität Magdeburg nahmen auf Einladung der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) an der International Conference on Biometrics for Borders (ICBB) am 9. und 10.10.2019 in Warschau teil. Es ist Teil des Auftrages der öffentlichen Hochschulen, den Wissenstransfer für Staat, Gesellschaft und Wirtschaft zu leisten. Die öffentliche Ankündigung zu dieser Fachkonferenz findet sich hier.

Der in diesem Rahmen seitens der Fakultät für Informatik in Zusammenarbeit mit den Verbundpartnern aus dem ANANAS-Forschungsprojekt vorgestellte Tagungsbeitrag „Distributed and GDPR/IPR compliant benchmarking of facial morphing attack detection services“ war einer von 5 Fachvorträgen aus der Wissenschaft. Er beschäftigte sich mit dem datenschutzkonformen Testen von Methoden, die auf die Erkennung von Dokumentenfälschungen mittels Gesichtsmorphing spezialisiert sind. Insbesondere wurde seitens der Arbeitsgruppe der Fakultät für Informatik auf die Notwendigkeit des technischen Datenschutzes in der Nutzung von Systemen mit biometrischen Komponenten hingewiesen und eine EU-DSGVO-konforme Möglichkeit zum Testen von Fälschungserkennungsmethoden vorgestellt. Der Arbeitsgruppe ist der Austausch zu Fragen des Datenschutzes und der Ethik in der Digitalisierung sehr wichtig.

Der Beitrag ist zusammen mit allen weiteren Tagungsmaterialien online verfügbar

Zusätzlich wurde der gehaltene Vortrag auch im Forschungsbericht der Fakultät für Informatik angeführt.

 

Worum ging es auf dieser Konferenz?

Der Fokus der Konferenz lag auf dem Dialog zwischen Forschung, Industrie und Sicherheitsbehörden zum Thema Passfälschungen durch sogenanntes Gesichtsmorphing. Das komplette Material dieser Fachtagung ist online verfügbar. Neben technischen Fragestellungen und möglichen Lösungsansätzen wurden Diskussionen zu Datenschutz, zu ethischen Fragen und Menschenrechtsperspektiven im Rahmen der European Association for Biometrics vertieft. 

 

Welches konkrete Forschungsprojekt wurde dort präsentiert?

Die präsentierten Forschungsarbeiten entstanden im Kontext des Forschungsprojektes „Anomalieerkennung zur Verhinderung von Angriffen auf gesichtsbildbasierte Authentifikationssysteme“ (ANANAS; Laufzeit 2016-2020). Es wurde vom Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zu Forschungsinitiativen auf dem Gebiet der "Erkennung und Aufklärung von IT-Sicherheitsvorfällen" im Rahmen des Förderprogramms "IKT 2020 – Forschung für Innovationen" gefördert. Die Identifikation von Personen anhand von Ausweisen, Pässen oder Visa erfolgt immer häufiger über automatisierte Gesichtserkennung. Diese ist anfällig gegenüber einer neuartigen Fälschungsmethode mit dem Namen Gesichtsmorphing. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem mithilfe gezielt verschmolzener Gesichtsbilder (Morphing) neue Gesichtsbilder zusammengesetzt werden. Diese können dann für biometrische Identifizierungssysteme benutzt werden. Für die Aufdeckung von Missbrauch werden Verfahren benötigt, die zum Beispiel Bildanomalien erkennen, welche bei der digitalen Bildbearbeitung in Morphing-Prozessen auftreten.

Die Universität Magdeburg präsentierte das Projekt gemeinsam mit den Projektpartnern:

  • dem Fraunhofer-Institut für Nachrichtentechnik,
  • Heinrich-Hertz-Institut (HHI),
  • dem Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik (IPK),
  • der Bundesdruckerei GmbH und
  • der DERMALOG Identification Systems GmbH (DERMALOG).

Datenschutz und Ethik sind im Verbundprojekt wichtige Anforderungen gewesen. Die Frontex oder andere Sicherheitsbehörden waren nicht am Projekt beteiligt.

 

Flossen die Forschungserkenntnisse bereits in praktische Anwendungen?

Nach heutigem Kenntnisstand wurden die diskutierten Forschungserkenntnisse bisher nicht in praktische Anwendungen überführt. Durch die Projektpartner flossen Ergebnisse in die Expertendiskussion der International Civil Aviation Organization (ICAO) zur Überarbeitung der technischen Standards für Passdokumente ein.

 

Gibt es eine darüber hinausgehende Zusammenarbeit mit Frontex?

Es gibt seitens der Arbeitsgruppe „Multimedia and Security“ der Fakultät für Informatik der Universität Magdeburg keine Zusammenarbeit mit Frontex.

 

Wie verfährt die Universität Magdeburg grundsätzlich bei Fragen zur Ethik sicherheitsrelevanter Forschung?

Im Juni 2019 beschloss die Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Richtlinien für die Einberufung einer Kommission für Ethik sicherheitsrelevanter Forschung (KEF). Damit definiert die Universität einen Prozess zur anlassbezogenen Einberufung einer ad-hoc-Kommission zur Beratung bezüglich ethischer Grundsätze in der sicherheitsrelevanten Forschung. Die Universität orientiert sich dabei eng an den Empfehlungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, z.B. zum Thema „Wissenschaftsfreiheit und Wissenschaftsverantwortung“.

Im Spannungsfeld zwischen Wissenschaftsfreiheit und Verantwortung der Forschung gewährt die KEF Hilfe durch Beratung und Beurteilung ethischer und rechtlicher Aspekte. Unabhängig von dieser Beratung durch die KEF bleibt die Verantwortung der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler für ihr Handeln bestehen.

 

Letzte Änderung: 19.05.2023 - Ansprechpartner: