Warum Luther auch Geschlechtergeschichte schrieb

26.11.2019 -  

Hat Martin Luther durch seine Ehelehren die Rollen von Männern und Frauen, Müttern und Vätern und die Vorstellungen von deren Zusammenleben neu definiert und bis in die Gegenwart geprägt? Begann mit dem Thesenanschlag auch eine Gender-Reformation? Diese und weitere Fragen zur Wechselbeziehung zwischen Glaube und Geschlecht stehen im Mittelpunkt eines soeben veröffentlichten Buches der Historikerin Prof. Dr. Eva Labouvie der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, das nun von der Herausgeberin öffentlich vorgestellt wird.

Ausgehend von der Bedeutung der Reformation für eine noch heute gültige Geschlechterordnung setzen sich international renommierte Experten und Expertinnen aus Kirchen- und Rechtsgeschichte, Geschichtswissenschaft, Philosophie, den Sozial- und Islamwissenschaften und des Kirchenrechts in ihren Beiträgen mit diesem kaum beachteten und doch prägenden Aspekt der Reformationsgeschichte, aber auch den Beziehungen zwischen Glaube und Geschlecht in den Weltreligionen bis heute auseinander.

Anschließend stellt Dr. Mareike Fingerhut-Säck ihre wissenschaftliche Arbeit „Einführung des Pietismus in der Grafschaft Wernigerode im 18. Jahrhundert“ vor und beleuchtet die Zusammenarbeit des Grafenpaares Christian Ernst (1691-1771) und Sophie Charlotte (1695-1762) im Kontext der Etablierung einer neuen protestantischen Glaubensrichtung am konkreten Beispiel. Dabei wird an den vielfältigen Handlungsspielräumen vor allem von Gräfin Sophie Charlotte die besondere Geschlechterordnung der religiösen Erneuerungsbewegung des Pietismus sichtbar.

WAS:

// Buchvorstellung der Bände „Glaube und Geschlecht - Gender Reformation“ von Prof. Dr. Eva Labouvie, Lehrstuhl für Geschichte der Neuzeit mit dem Schwerpunkt der Geschlechterforschung

// „Das Gottesreich auf Erden erweitern. Einführung und Festigung des Pietismus durch das Grafenpaar Sophie Charlotte und Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode in seiner Grafschaft (1710-1771)“ von Dr. Mareike Fingerhut-Säck, Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut Gesellschaftswissenschaften, Bereich für Geschichte

WANN:

Montag, den 9. Dezember 2019, 17.15 Uhr

WO:

Tagungsraum der Universitätsbibliothek, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Gebäude 30

Die Veranstaltung ist öffentlich, der Eintritt ist kostenfrei.

„Die Reformation wurde durch das religiöse Engagement der Laien getragen“, so die Historikerin und Geschlechterforscherin Prof. Eva Labouvie. „Ein Aufbruch, der Frauen völlig neue Handlungsmöglichkeiten eröffnete und die Geschlechterordnung in den europäischen Ländern nachhaltig veränderte.“

Intensiv werden die bis heute wirkenden Wechselbeziehungen zwischen Glaube und Geschlecht untersucht und die in den Religionen begründeten und zugewiesenen Rollen von Männern und Frauen hinterfragt, ihre gesellschaftlichen Aufgaben und Lebenswege nachgezeichnet. Aus unterschiedlicher Perspektive geht es - ausgehend vom christlichen Frauen- und Männerbild – aber auch um die Wechselwirkungen von Glaube und Geschlecht in anderen Religionen wie dem Hinduismus, Buddhismus, Judentum und Islam. „Die Auseinandersetzung über Möglichkeiten und Grenzen der Vereinbarkeit vor allem nichtchristlicher mit den Gesellschafts- und Geschlechterordnungen christlich geprägter europäischer Länder dürfte vor dem Hintergrund der jüngsten Migrationsbewegungen zu den aktuellsten Fragen der Gegenwart zählen und erlaubt zudem Einsichten zur Förderung eines toleranteren und respektvolleren Miteinanders verschiedener Religionen.“

Das Buch „Glaube und Geschlecht“ entstand in Folge einer Tagung 2017 als offizieller Beitrag der Universität Magdeburg zum Reformationsjubiläum.

Informationen zu den Publikationen

Eva Labouvie (Hg.) „Glaube und Geschlecht - Gender Reformation“, 2019, Print und E-Book, ISBN 978-3-412-51248-4

Mareike Fingerhut-Säck „Das Gottesreich auf Erden erweitern. Einführung und Festigung des Pietismus durch das Grafenpaar Sophie Charlotte und Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode in seiner Grafschaft (1710–1771)“, Studien zur Geschichte und Kultur Mitteldeutschlands, 2017, ISBN 978-3-96311-166-2

Letzte Änderung: 30.11.2022 - Ansprechpartner: