Cultural Engineering
Im Studiengang Cultural Engineering lernen Studierende, komplexe, gesellschaftliche Systeme zu hinterfragen und neu zu denken. Cultural Engineering ermutigt, mehrere Schubladen zu öffnen und die eigenen Denkmuster zu erweitern. Seit über 15 Jahren gibt es den Studiengang an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg - in Deutschland ist er einzigartig. Zu Beginn 2017 wurde die Studienordnung grundlegend reformiert. Ab dem Wintersemester 2017/2018 startet nun der neu konzipierte Studiengang Cultural Engineering an der Universtität Magdeburg. Die neue Strukturierung von Cultural Engineering bietet Studierenden viele Optionen: zahlreiche Vertiefungsmöglichkeiten, ein Auslandssemester und ein in die Studienordnung integriertes Praktikum, ermöglichen die Theorie in der Praxis anzuwenden. Die Studiengangsleitung übernimmt Prof. Dr. Susanne Peters. Im Gespräch erläutert sie unter anderem das Zusammenspiel der unterschiedlichen Fächerkulturen des Studiengangs und was Cultural Engineering auszeichnet.
Prof. Dr. Susanne Peters, der Studiengang Cultural Engineering wurde von Grund auf neu strukturiert. Weshalb haben Sie sich entschieden, die Studiengangsleitung zu übernehmen?
Weil mich die interdisziplinäre Arbeit an Themen fasziniert. Die Arbeitsfelder und Probleme unserer heutigen Gesellschaften lassen sich nicht mehr einfach aus der Sicht einzelner Fächer bearbeiten und beantworten, sondern müssen aus verschiedenen Perspektiven als Herausforderung angenommen werden. Ich will mal ein Beispiel nennen: Natur-Kultur-Konflikte sind ein aktuelles und kontrovers diskutiertes Thema, und das schlägt sich natürlich auch in zeitgenössischer (u.a.) englischsprachiger Literatur und im Film nieder. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema kann mit einem literarischen Diskurs beginnen, indem wir danach fragen, wie beim Leser oder Zuschauer Emotionen zu solchen Konflikten provoziert werden.
Mit welchen Mitteln "arbeitet" die Literatur oder auch der Film, um uns für die Dringlichkeit realer Probleme zu sensibilisieren, und ist das überhaupt die Absicht? Wie gehen unterschiedliche Medien mit unseren Befürchtungen und Ängsten um? Aus der Sicht der anderen am Studiengang beteiligten Fächer ergeben sich dann weitere Fragestellungen, wie zum Beispiel zum nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, zum Städtebau, zu global cities, zum Hintergrund des Mülltourismus oder zum Erhalt der Vielfalt unserer Ökosysteme.
Das Cultural Engineering Studium ist einzigartig in Deutschland. Was zeichnet den Studiengang aus?
Es ist ein interdisziplinärer Studiengang mit einem kulturwissenschaftlichen Schwerpunkt und zahlreichen Vertiefungsmöglichkeiten. Durch das 8-semestrige Studium kann man bei entsprechender Profilbildung bis zu 135 CP im Bereich Kulturwissenschaften erzielen, im Vertiefungsbereich (also Logistik/Stadtsoziologie, Wirtschaftswissenschaften/Organisationslehre oder Informatik/IT-Management) können es sogar 155 CP sein. Die vielfältigen individuellen Gestaltungsmöglichkeiten und damit die Schwerpunktbildung in einzelnen Bereichen machen das Programm anschlussfähig an unterschiedliche Masterprogramme im In- und Ausland. Ebenso ist neben einer Tätigkeit an der Uni natürlich der Einstieg ins Berufsleben durch die hohen Praxisanteile zu nennen. Zudem fördert der zweisprachige Studiengang (Deutsch und Englisch) auch explizit die Fremdsprachenkompetenz.
Bis zum 15. September haben Studieninteressierte die Möglichkeit sich in den Studiengang einzuschreiben. Eine Zulassungsbeschränkung ist nicht vorhanden. An wen richtet sich Cultural Engineering und was sollten Studieninteressierte mitbringen?
Das Programm richtet sich an Studieninteressierte, die zuallererst Neugier mitbringen. Zudem eine Bereitschaft haben, sich Problemstellungen und Arbeitsfeldern zu öffnen, die ganz unterschiedliche Herangehensweisen erfordern. Das macht das Studium interessant! Außerdem sollten sie Englischkenntnisse auf Abitur-Niveau mitbringen, da ein Teil des Studiums auch in englischer Sprache unterrichtet wird. Insgesamt fordert und fördert das Studium ein hohes Maß an Eigenständigkeit und Selbstorganisation. Absolventinnen und Absolventen werden später u.a. in den folgenden Bereichen tätig: Kultur- und Eventmanagement, Marketing, Marktforschung und Vertrieb, Verlage, Rundfunk und Presse, Unternehmensberatungen, Organisationsentwicklung und -beratung, kulturbezogene Zweige der IT-Wirtschaft, Stadtentwicklung, Logistik und Qualitätssicherung.
Können Sie erläutern, wie diese Interdisziplinarität im Studiengang Cultural Engineering ineinandergreift?
Die Informatik befähigt die Studierenden dazu, wie man Fakten und Datenmaterial recherchiert, sammelt, aufbereitet und überzeugend darstellt. Von den Wirtschaftswissenschaften können die Studierenden lernen, wie Unternehmen Entscheidungen treffen, auf welcher Basis eine umweltfreundliche Investition geplant und bewertet werden kann, welche Methoden der Einflussnahme Erfolg versprechen. Im Entrepreneurship kann man lernen, wie z. B. eine ressourcenschonende Geschäftsidee entwickelt, gestaltet und vermarktet wird. Die Logistik schließlich befähigt die Studierenden in diesem Kontext, nach den Bedingungen der Entsorgungs- und Distributionslogistik zu fragen oder wie individuelle und öffentliche Mobilität umweltverträglicher gestaltet werden kann. Die Organisationspsychologie schließlich lehrt, wie man Prozesse und Konflikte in Organisationen erkennt und analysiert oder von welchen Faktoren unsere Entscheidungen eigentlich abhängen. Dies sind nur Beispiele, aber sie zeigen, wie sich ein Mosaik aus ganz unterschiedlichen Sichtweisen zusammensetzt.
In der Kampagne Studieren@OVGU werden Studiengänge der Universität Magdeburg vorgestellt. Im Gespräch mit den beiden Studenten Tony und Gunnar erfahren Leser mehr über den Studiengang Cultural Engineering.
Die momentane Studienordnung läuft aus und Studierende können sich ab diesem Semester ausschließlich in den umstrukturierten Studiengang immatrikulieren. Welche inhaltlichen Neuerungen wird es im Studiengang geben?
Am 8-semestrigen Studiengang, so wie wir ihn jetzt konzipiert haben, sind fünf Fakultäten beteiligt und es gibt somit viel Spielraum für individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und die Entwicklung persönlicher Interessen. Das war auch bisher schon so, aber der Studiengang stellt sich nun strukturierter dar.
Es gibt einen kulturwissenschaftlichen Kernbereich, der die Studierenden für die Leitkategorien kultureller Systeme sensibilisiert. Neben diesem Pflichtbereich gibt es einen Vertiefungsbereich, in dem die Fachgebiete Logistik/Stadtsoziologie, Wirtschaftswissenschaften/Organisationslehre und Informatik/IT-Management vertiefend oder frei in verschiedenen Kombinationen studiert werden können. Die große Anzahl an Wahlpflichtmodulen ermöglicht somit eine individuelle Schwerpunktsetzung.
Ergänzt wird dies durch den Profilierungsbereich, der den Studierenden ermöglicht, neben den festgelegten Studieninhalten und den dort vermittelten Kenntnissen und Fähigkeiten ein persönliches Profil gemäß ihren eigenen Neigungen und Fähigkeiten auszubilden. Der Kompetenzbereich stellt in seinen Veranstaltungen einen Pool grundlegender wissenschaftlicher Methoden für interdisziplinäre Herangehensweisen zur Verfügung und vermittelt Schlüsselkompetenzen. Das Praktikum, in der Regel ein Semester an einer anderen Hochschule und ein studienbegleitendes Projekt sind weiterhin zentrale Bestandteile des BA Cultural Engineering.
Die Neuordnung wird auch einige personelle Veränderungen mit sich bringen. Wie wird sich das Team von Cultural Engineering zusammensetzen?
Da sind zunächst einmal die Modulverantwortlichen und Lehrenden der Fakultäten zu nennen. Mit mir im Leitungsteam ist meine wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Nora Pleßke, die selbst eine interdisziplinäre wissenschaftliche Ausbildung durchlaufen hat und durch ihre umfangreichen Erfahrungen in interdisziplinärer Forschung und Lehre in idealer Weise die Möglichkeiten dieses neuen Studiengangs vermitteln kann. Im Zuge der Neuordnung hat sich die Fachschaft Cultural Engineering gegründet, die den Studierenden weitere Unterstützung, aber auch die Möglichkeit eigener Mitgestaltung bieten wird.
Vielen Dank für das Gespräch!