Erstmals virtuelle Kopplung aller Energienetze

23.03.2018 -  

An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler intensiv daran, die bundesweiten Energienetze für Strom, Gas, Wärme und Wasser miteinander zu koppeln und zu einem intelligenten und nachhaltigen Multi-Energie-Netz zusammenzuführen. Das mit 1,5 Millionen Euro von der EU geförderte Forschungsprojekt „Intelligente Multi-Energie-Systeme SmartMES“ zielt darauf ab, Infrastrukturen der unterschiedlichen Energienetze mehrfach zu nutzen, Schnittstellen und Synergien bei der Energiespeicherung und -umwandlung zu identifizieren und modellartig in einem intelligenten Multi-Energie-System zusammenzuführen. So sollen künftig Betriebskosten gesenkt, Klimaschutzziele erreicht und ein intelligentes Ressourcenmanagement gewährleistet werden, was letztendlich sinkende Energiekosten für die Verbraucher bedeuten würde.

70 Prozent geringere Energiekosten

Ein Jahr nach Beginn des interdisziplinären Forschungsvorhabens werden die entwickelten Modelle erstmals für eine virtuelle Kopplung von Energiesystemen eingesetzt. Dafür führen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Referenznetze des elektrischen Netzes erstmalig im Modell mit dem Gas- und dem Wärmenetz zusammen, so Prof. Dr.-Ing. Martin Wolter vom Institut für Elektrische Energiesysteme der Universität Magdeburg. „Die Erzeugung gasförmiger oder flüssiger Kraftstoffe aus überschüssiger elektrischer Energie – die sogenannte Power-to-Gas- oder Power-to-Liquid-Technologie - kann künftig die teure Abschaltung von erneuerbaren Energieträgern im Fall von Netzengpässen verhindern und ist ein Beispiel dafür, wie Effizienz gesteigert und Kosten minimiert werden können.“ Erste Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen am Beispiel eines Einfamilienhauses bestätigen das große Potenzial der Sektorenkopplung. So lassen sich durch den Einsatz von Photovoltaik- und Kleinwindkraftanlagen in Kombination mit einer elektrischen Wärmepumpe die Energiebezugskosten um ca. 70 Prozent reduzieren.

Weitere wichtige Forschungsergebnisse und Meilensteine werden am 28. März 2018 auf einem Statusmeeting ausführlich präsentiert und diskutiert.

 

WAS: Statusmeeting zum Forschungsprojekt der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg „SmartMES“
WANN: 28. März 2018, 10:00 bis 14:00 Uhr
WO: Otto-von-Guericke-Zentrum, Schleinufer 1, 39104 Magdeburg

 

Zu viel elektrische Energie erhöht CO2-Ausstoß

Hintergrund des über drei Jahre laufenden Projektes ist das Problem einer zunehmenden Auslastung bestehender elektrischer Netze. „Das Überangebot elektrischer Energie – insbesondere aus erneuerbaren Quellen - führt bereits heute regelmäßig zu Netzengpässen“, erläutert Professor Wolter. „Die Energiemengen können im elektrischen Netz alleine nicht mehr abgeführt werden. Der erforderliche Netzausbau ist aber teuer und dauert zu lange. Daher müssen Netzbetreiber immer häufiger in die Erzeugung eingreifen und insbesondere Windenergieanlagen abschalten, um das Netz nicht zu überlasten. Das wiederum erhöht den CO2-Ausstoß, da die nicht nutzbaren Energiemengen durch netztechnisch günstiger gelegene, konventionelle Kraftwerke kompensiert werden müssen.“

Betreiber Erneuerbarer Energieanlagen haben bei diesen Eingriffen Anspruch auf Entschädigung der entgangenen Einnahmen. „Diese summierten sich 2015 bundesweit auf 478 Millionen Euro und müssen vom Endkunden getragen werden“, führt Martin Wolter weiter aus.

Das mit knapp 1,5 Millionen Euro vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geförderte Forschungsprojekt „SmartMES – Intelligente Multi-Energie-Systeme“ an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hat eine Laufzeit von drei Jahren (Januar 17 bis Dezember 19) und bündelt Kompetenzen aus den Bereichen elektrische Energietechnik, Thermodynamik und Verfahrenstechnik sowie das Wissen über Energiemärkte und deren Regulierung. Assoziierte Partner sind das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF Magdeburg, die ABO Wind AG und die Stadtwerke Burg Energienetze GmbH.

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