Notaufnahmeregister liefert Daten zur Pandemieforschung

19.06.2020 -  

An der Universitätsmedizin Magdeburg ist in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Institut für Medizinische Informatik der Uniklinik RWTH Aachen das AKTIN-Notaufnahmeregister entstanden. Inzwischen sind bereits 17 deutschlandweit verteilte Notaufnahmen eingebunden und täglich werden die von der Fachgesellschaft DIVI empfohlenen Prozessdaten von ca. 1.000 Patient*innen anonym und dezentral erfasst.

Das AKTIN-Notaufnahmeregister arbeitet eng mit dem Robert Koch-Institut (RKI) auf dem Gebiet der Überwachung von Infektionserkrankungen zusammen. Über das Register stehen dem RKI im Rahmen der COVID-19-Pandemie nun erstmals tagesaktuelle Daten zum Monitoring des Patientenaufkommens in Notaufnahmen zur Verfügung.

Das RKI entwickelte mit diesen Daten ein System zur Überwachung der öffentlichen Gesundheit. In wöchentlich erscheinenden Lageberichten wird die aktuelle Situation in den beteiligten Notaufnahmen abgebildet, z. B. über die Anzahl der Patient*innen pro Tag, deren Behandlungsdringlichkeit und die Gründe für das Aufsuchen der Notaufnahme. „Damit stehen dem öffentlichen Gesundheitsdienst und der Fachöffentlichkeit wertvolle aktuelle Daten zur Beurteilung der gesundheitlichen Lage der Bevölkerung zur Verfügung“, so PD Dr. Linus Grabenhenrich, Leiter des Fachgebietes Forschungsdatenmanagement am Robert Koch-Institut. „In den Berichten konnten z. B. die sinkenden Patientenzahlen in den Notaufnahmen während der COVID-19-Pandemie eindrücklich dargestellt werden.“

Relative Abweichung von Notaufnahmevorstellungen zum Vergleichszeitraum

Abbildung 1: Relative Abweichung von Notaufnahmevorstellungen zum Vergleichszeitraum (01.11.2019 - 01.03.2020). Die Analysen werden wöchentlich aktualisiert.

Mit AKTIN ist eine Infrastruktur entstanden, die Routinedaten aus der Patientenversorgung standardisiert und klinikübergreifend verfügbar macht. Erfasst werden die Prozesse, wenn ein Patient in die Notaufnahme kommt – von der Uhrzeit und Art des Eintreffens über aufgeführte Beschwerden bis hin zu Details der Entlassung aus der Notaufnahme. Das Notaufnahmeregister liefert damit Forschungsdaten für die Notfallmedizin, die Gesundheitsüberwachung und das Qualitätsmanagement in den Notaufnahmen.

„Die notwendigen Daten für das Register werden in Notaufnahmen in der Regel ohnehin erhoben und in ein IT-System eingegeben“, erklärt Prof. Felix Walcher, Direktor der Klinik für Unfallchirurgie der Universität Magdeburg. „Das Register ist mit der Dokumentationssoftware der teilnehmenden Notaufnahmen verknüpft. Somit entsteht für das Personal kein zusätzlicher Aufwand.“ Die Magdeburger Arbeitsgruppe übernimmt die Koordination von Forschungsprojekten, die Datenauswertung und die regelmäßige Erstellung von Berichten zum internen und einrichtungsübergreifenden Qualitätsmanagement.

Das AKTIN-Notaufnahmeregister und die technische Infrastruktur basieren vollständig auf der Nutzung von internationalen Dokumentations- und sogenannten Interoperabilitätsstandards, sowie Open-Source Software. Für die elektronische Verarbeitung der anonymisierten Daten ist das Medizininformatiker-Team um Prof. Rainer Röhrig Institut für Medizinische Informatik der Uniklinik RWTH Aachen verantwortlich, der zweite Initiator des Forschungsprojekts: „Mit der AKTIN-Infrastruktur können wir zeigen, dass mit einer dezentralen Datenhaltung in den Kliniken die gesellschaftlichen Interessen der Datennutzung, sowie die Interessen der Kliniken und vor allem die individuellen Interessen der Patient*innen an Datenschutz und Datensicherheit in Einklang gebracht werden können.

Das AKTIN-Notaufnahmeregister wurde durch das im November 2019 abgeschlossene Projekt „Verbesserung der Versorgungsforschung in der Akutmedizin in Deutschland durch den Aufbau eines Nationalen Notaufnahmeregisters“ entwickelt, welches aus dem „Aktionsbündnis für Informations- und Kommunikationstechnologie in Intensiv- und Notfallmedizin“ (AKTIN) hervorging. Das Projekt wurde sechs Jahre vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit insgesamt über 4,4 Millionen Euro gefördert.

Letzte Änderung: 30.11.2022 - Ansprechpartner: