Eingebette Systeme und Betriebssysteme

17.02.2005 -  

Prof. Dr. Jörg Kaiser

Der nächste große Schritt der Computeranwendungen, die Integration von Prozessoren in die Dinge unserer täglichen Umwelt ist in vollem Gange. Mechatronik und Miniaturisierung sind Katalysatoren dieser Entwicklung. Über 99% aller weltweit produzierten Prozessoren werden heute in eingebetteten Anwendungen eingesetzt, d.h. in Dingen wie Telefonen, Haushaltsgeräten, Navigationsgeräten oder Autos, in denen die Rechnerkomponenten meist unbemerkt ihren Dienst versehen. Das Internet, bisher ein Netz der Informationsdienste wird in Zukunft durch ein Netz der kooperierenden Dinge ergänzt und erweitert. Sensoren und intelligente Geräte aller Art verbessern und erweitern unsere eigenen fünf Sinne, navigieren uns durch intelligente Räume oder ermöglichen einem Auto automatisch einzuparken oder in gefährlichen Situationen eine reaktionsschnelle, autonome Notbremsung durchzuführen.

Die Forschungsgebiete von Prof. Dr. Jörg Kaiser, der am 1. November 2004 als Leiter der Arbeitsgruppe "Eingebettete Systeme und Betriebssysteme (EOS)" im Institut für Verteilte Systeme berufen wurde, liegen im Bereich solcher eingebetteten Sensor- und Aktor-Systeme. Dabei unterscheiden sich diese Systeme von den klassischen Kontrollsystemen, die z.B. im Bereich der Automatisierung bekannt sind, insbesondere durch die Offenheit, Kooperation, Mobilität, die potenziell sehr große Anzahl der Komponenten, die Spontaneität der Interaktionsbeziehungen und die Notwendigkeit einer langfristigen, dynamischen Erweiterung und Verbesserung des Gesamtsystems. Die einzelnen Komponenten sind häufig starken Beschränkungen hinsichtlich des Stromverbrauchs, der Rechenleistung und des verfügbaren Speichers unterworfen. Unter diesen Bedingungen geeignete Architekturen, Komponenten und Systemstrukturen zu entwerfen, welche die notwendigen hohen Qualitätsanforderungen erfüllen, ist das Ziel der Forschung.

Hochintegrierte Schaltkreise

Prof. Dr. Kaiser hat sein Diplom in Informatik von der Universität Bonn erhalten. Danach war er langjähriger Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Informationstechnik (GMD) in St. Augustin, wo er sich zu Beginn der 80er Jahre mit fehlertoleranten Strukturen hochintegrierter Schaltkreise beschäftigte. Er war an der Entwicklung eines zuverlässigen verteilten Systems maßgeblich beteiligt, in dem er insbesondere eine Rechnerarchitektur zur Unterstützung eines persistenten, transaktionsorientierten Objektsystems entworfen hat. Auf dem Gebiet der Systemarchitekturen zur Erhöhung der Sicherheit und Zuverlässigkeit von Rechnern hat er 1993 an der Universität Bonn zum Dr. rer. nat. promoviert. 1995 wurde er auf eine Professur für technische Informatik am Lehrstuhl für Rechnerstrukturen an der Universität Ulm berufen. Hier hat er seinen Forschungsschwerpunkt auf die eingebetteten Systeme gelegt, die ebenfalls sehr stark eine integrierende Sichtweise auf Hardware, Software und möglicherweise zusätzliche Anwendungskomponenten erfordern. Im Mittelpunkt stand die Entwicklung von Betriebsystem- und Middlewarestrukturen, die auf ressourcenbeschränkte Systeme zugeschnitten sind und es erlauben, die Interaktion intelligenter Sensoren und Aktoren auf einer relativ hohen Abstraktionsebene zu beschreiben. Dabei spielten wiederum Zuverlässigkeit und zeitlich konsistentes Verhalten eine prominente Rolle. In der Ulmer Zeit wurde in Industriekooperationen, EU-Projekten und besonders auch in Studentenprojekten und Praktika ein ganzer "Zoo" intelligenter vernetzungsfähiger Sensoren entwickelt, die auf einer gemeinsamen Hardware- und Software-Plattform aufsetzen, angefangen von optischen Sensoren, Näherungssensoren, Abstandsmessern, Sensoren zur Detektion von Magnetfeldern, Gravitation und Beschleunigung bis hin zu Lokalisationssystemen und Systemen zur Überwachung unserer Umwelt wie eine Mikro-Wetterstation und ein Pflanzenbewässerungssystem.

Die Faszination dieser relativ neuartigen Disziplin der vernetzten eingebetteten Systeme liegt in der Notwendigkeit des technischen Systems zur Selbstorganisation, bisher vielleicht eine der herausragenden Eigenschaften biologischer Systeme. Eine große Zahl einfacher, autonomer Systeme, die kooperativ Informationen ihrer physischen Umwelt erfassen, organisieren sich selbstständig zu größeren Strukturen, kontrollieren den Informationsfluss und koordinieren die Reaktionen. Auf der technischen wie auf der Anwendungsseite sind hier auf jeder Ebene noch einige größere Herausforderungen zu bewältigen, die oft nur interdisziplinär angefasst werden können. Magdeburg bietet von seiner wissenschaftlichen Landschaft her dafür sicher eine sehr geeignete Umgebung.

Letzte Änderung: 17.02.2005 - Ansprechpartner: Webmaster