Eine Exkursion in die Antike

17.02.2005 -  

Provincia Africa

Provincia Africa? Dies meint jenes Gebiet in Nordafrika, das die Römer nach der Zerstörung Karthagos 146 v. Chr. ihrem Reich eingliederten oder – modern gesprochen – Nordtunesien. Dorthin zog es im Rahmen einer nun schon mehrjährigen internationalen Kooperation der Altertumswissenschaften eine unerschrockene Gruppe von Professoren und Studenten aus Mailand, Graz und Magdeburg, deren Mission es war, innerhalb von sechs Tagen elf historische Stätten in jenem Gebiet in Augenschein zu nehmen.

Tipps für den Urlaub

An dieser Stelle einen nur halbwegs vollständigen Bericht über die gesehenen Tempel, Thermen und (Amphi-)Theater zu geben, würde jeden Leser ermüden, so wie auch wir beim Anblick der Überreste der dritten Thermen nicht mehr ganz so enthusiastisch waren. Daher zum Beginn nur ein paar Tipps für den nächsten Sommerurlaub in Tunesien: Gladiatorfans dürfen das Amphitheater in El Djem, das viertgrößte der antiken Welt, gebaut für 30000 Zuschauer, nicht verpassen. Freunde der Technikgeschichte finden in Chemtou einen antiken Steinbruch, der durch ein gut ausgestattetes Museum erläutert wird, und für Bewunderer von Mosaiken hält das Bardo-Museum in Tunis beinahe jedes Motiv bereit.

Beeindruckend sind auch Sufetula und Bulla Regia. Zwei Städte, die in der Antike große Siedlungen waren, später aufgegeben wurden und so dem heutigen Besucher ungestörte Einblicke in die damalige Welt geben. Hier besteht eine Stadt der Römerzeit nicht nur aus ein, zwei Gebäuden und ein paar Grundrissen, sondern sie ist in ihrem gesamten Ausmaß erfahrbar. Man bewegt sich auf Straßen, die schon vor 2000 Jahren genutzt wurden.

Sufetula bietet dem modernen Menschen dabei erstaunlich viel Vertrautes wie Wasserleitungen, Gullideckel oder öffentliche Toiletten. Doch gehört dies genau wie der Ehrenbogen für Kaiser Diokletian, das – noch nicht ausgegrabene – Amphitheater und das Forum in die Zeit des alten Roms. Eine "Zweimaligkeit" sind die imposanten Forumstempel, wobei jeder Gottheit der kapitolinischen Trias (Jupiter, Juno und Minerva) ein eigener Tempel geweiht ist, statt wie sonst üblich nur eine Nische im gemeinsamen Heiligtum. Allein aus dem südspanischen Belo ist noch eine derartige Tempeltrias bekannt. Weniger groß, aber dennoch nicht zu übersehen sind die Zeugen für die christliche Religion: mehrere fein gearbeitete, mit Mosaiksteinen verkleidete Taufbecken für Erwachsene.

Bulla Regia bietet wiederum große Bauten, wie z.B. ein vorzüglich erhaltenes Theater, das in der Zeit Mark Aurels (161-180) errichtet wurde. Sogar die Abtrennungen zwischen den Sitzen der normalen Zuschauer und denen der Ehrengäste sind zum Großteil noch erhalten. Auch die Thermen der Iulia Memmia – eine von zwei heute bekannten Thermenanlagen der Stadt – aus dem 1. Jh. n. Chr. beeindrucken den Besucher. Vollständig in die Lebenswelt der römischen Bewohner führt aber der Gang in die Unterwelt. Die unterirdisch angelegten Wohnräume einiger Häuser sind eine architektonische Besonderheit. Wahrscheinlich verlegten die Menschen ihren Alltag in den Sommermonaten unter die Erde, weil es in Bulla Regia im Sommer besonders heiß ist und so Kühle zu gewinnen war. Uns beeindruckten neben den erträglicheren Temperaturen die noch heute am Ort befindlichen Bodenmosaike. Sie sind von einer Qualität, die hierzulande nur im Museum hinter Glas und Absperrung zu bewundern ist, während man sie dort sehen kann, wie ein Römer sie sah.

Waren dennoch an einigen Stellen Erklärungen zur fernen Vergangenheit vonnöten, so gaben Prof. Dr. Martin Dreher und Dr. Eckart Frey bereitwillig Auskunft.

Schließlich bekamen wir auch einen Einblick in das moderne Tunesien, als sich die Tore des Campus einer der juristischen Fakultäten der Universität Tunis für uns öffneten. Nach dem Einlass ins tatsächlich umzäunte und überwachte Universitätsgelände erläuterte der Rektor die Geschichte des modernen Tunesien und der Professor für Rechtsgeschichte referierte über die Grundzüge der Geschichte des tunesischen Familienrechts. Anerkennendes Murmeln war dann während der Bibliotheksführung in der studentischen Runde zu vernehmen, denn in Tunis stehen jedem Studierenden pro Woche 10 Gratiskopien zu, aber nach einem Blick auf die Geräte waren wir froh, in Magdeburg weiter zu studieren.

Letzte Änderung: 17.02.2005 - Ansprechpartner: Webmaster